Wie ETCS den Bahnbetrieb verändert – und welche Rolle das KMC dabei spielt

Zugfahrerin mit ETCS im Einsatz scaled
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Energie & Mobilität
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  • Das European Train Control System (ETCS) ersetzt nationale Systeme durch ein europaweit einheitliches, digitales Zugsicherungssystem.
  • Das Key Management Center (KMC) schafft die Grundlagen für eine sichere Datenübertragung zwischen Zug und Infrastruktur.
  • Evolit hat das KMC im Auftrag der ÖBB modernisiert und europaweit interoperabel gemacht.
  • KMC als Bestandteil von ETCS L2 bilden die Basis für automatisierten Bahnverkehr.

Der europäische Bahnverkehr steht vor einem fundamentalen Wandel. Weg von nationalen Insellösungen, hin zu einem harmonisierten, digitalen System, das Sicherheit, Effizienz und Interoperabilität in den Mittelpunkt stellt. Das Herzstück dieser Transformation: Das European Train Control System (ETCS). Was auf technischer Ebene wie ein weiteres IT-System klingt, ist in Wahrheit ein Meilenstein für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr – und eine Grundlage für automatisiertes Fahren. Ein wesentlicher Baustein darin: Das Key Management Center (KMC), welches Evolit für die ÖBB Infrastruktur AG entwickelt hat. Doch der Reihe nach.

ETCS ist ein europaweit standardisiertes Zugsicherungssystem. Es ersetzt die bisherigen, national unterschiedlich ausgestalteten Systeme durch eine einheitliche Lösung, das für mehr Sicherheit, Transparenz und Automatisierung sorgt. Die Grundidee: Die Übertragung von Fahrdaten direkt in den Führerstand und die kontinuierliche Überwachung der Zugbewegungen – inklusive automatischer Bremsung, wenn ein Zug einen nicht freigegebenen Streckenabschnitt erreicht.

Das System ist in drei Ausbaustufen, sogenannte Levels, gegliedert.

  • Level 0
    Der Zug ist zwar mit ETCS ausgerüstet, fährt aber auf nicht ausgerüsteten Strecken – das nationale Zugsicherungssystem bleibt aktiv.
  • Level 1
    Die Kommunikation erfolgt punktuell über Balisen im Gleis; klassische Signale bleiben bestehen, ETCS ergänzt die Zugüberwachung.
  • Level 2
    Fahrdaten werden kontinuierlich per Funk (GSM-R) zwischen Zug und Streckenzentrale (RBC) übertragen, physische Signale sind kaum mehr nötig.
  • Level 3
    Züge melden ihre Position und Integrität selbstständig, Gleisfreimeldung entfällt vollständig – derzeit noch in der Pilot- oder Konzeptphase.

In Österreich kommt primär ETCS Level 2 zum Einsatz. In diesem Modus wird auf klassische Signale weitgehend verzichtet. Stattdessen erfolgt die Kommunikation zwischen Zug und Infrastruktur per Funk über eine On-Board Unit (OBU) und die zentrale Streckenkontrolleinheit (Radio Block Center – RBC). Der Bahnverkehr ist in Blockabschnitte unterteilt, in die jeweils nur eingefahren werden darf, wenn dieser von einem vorausfahrenden Zug freigefahren wurde. Diese Information wird dem Triebfahrzeug übermittelt – in Echtzeit.

Level 2 ist damit nicht nur sicherer, sondern auch effizienter: Geringere Zugfolgezeiten, höherer Durchsatz auf der Strecke und geringere Abhängigkeit von physischer Infrastruktur wie Signalanlagen.

ÖBB Infra Projekt

So leistungsfähig und vernetzt das ETCS-System ist – Die Kommunikation muss sicher sein. Hier spielt das Key Management Center (KMC) eine Schlüsselrolle.

Das KMC verwaltet kryptografische Schlüssel, die für die verschlüsselte Kommunikation zwischen Zug (OBU) und Kontrollzentrale (RBC) notwendig sind. Jede Strecke, auf der ETCS L2 verwendet wird, erfordert eine eindeutige Schlüsselverteilung – für jeden beteiligten Zug.

Evolit hat im Auftrag der ÖBB Infrastruktur AG das bestehende KMC grundlegend erneuert und an die neuesten europäischen Spezifikationen angepasst – insbesondere durch die Integration der standardisierten Online-Schnittstelle nach Subset-137. Diese basiert auf bewährten Sicherheitsprotokollen wie TLS, X.509-Zertifikaten, PKI (Public Key Infrastructure) und umfasst Mechanismen wie Zertifikatsprüfung (OCSP) und Sperrlisten (CRLs).

Damit ist eine schnelle, sichere und interoperable Schlüsselverteilung gewährleistet – nicht nur für den Einsatz innerhalb Österreichs, sondern auch im internationalen Bahnverkehr. Das KMC von Evolit unterstützt dabei auch den Schlüsselaustausch mit anderen europäischen KMCs – ein weiterer Schritt Richtung grenzenloser Mobilität auf der Schiene.

Das System ist längst keine Zukunftsvision mehr: In Österreich sind bereits über 300 Streckenkilometer mit ETCS-L2 ausgerüstet, bei denen das neue KMC die Versorgung der Schlüssel übernimmt.

Europaweit läuft der Roll-out ebenfalls auf Hochtouren: Länder wie Deutschland, Tschechien, Ungarn und Bulgarien treiben den Ausbau kontinuierlich voran. Das Ziel: Ein vollständig harmonisiertes, digitales Eisenbahnsystem über Landesgrenzen hinweg.

Mit ETCS entsteht nicht nur ein einheitlicher europäischer Bahnraum, sondern auch die technologische Basis für zukünftige Entwicklungen wie autonomes Fahren im Schienenverkehr. Die Voraussetzung dafür: Hochverfügbare, sichere und standardisierte Systeme – sowohl in der Fahrzeugtechnik als auch in der Infrastruktur.

Das KMC ist dabei ein Fundament dieser Entwicklung. Evolit leistet mit seiner Lösung einen essenziellen Beitrag zur digitalen Souveränität im Bahnwesen – national wie international.

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